Die Durchsuchung

Die Durchsuchung dient dem Auffinden von Gegenständen und Beweismaterial und dem Ergreifen des Beschuldigten, wenn dieser verhaftet werden soll. Zu unterscheiden ist zwischen der Durchsuchung beim Verdächtigen nach § 102 StPO und der bei anderen Personen -also beim nicht verdächtigen Dritten, § 103 StPO. Grundsätzlich bedarf die Durchsuchung der Anordnung durch den Richter, § 105 StPO. Im Steuerstrafrecht ist die Anordnung durch die StA und deren Ermittlungspersonen im Sinn des § 152 GVG wegen Gefahr im Verzug die seltene Ausnahme.

Vor dem Hintergrund des Richternotdienstes bzw. Bereitschaftsdienstes (§ 22 c GVG) dürfte eigentlich „immer“ ein Ermittlungsrichter erreichbar sein.  Damit müsste eigentlich immer ein zuständiger Richter für die Prüfung der beantragten Durchsuchung zu finden sein, der die Durchsuchung dann auch genehmigt bzw. den Durchsuchungsbeschluss prüft und unterzeichnet. Zumindest tagsüber innerhalb und außerhalb der üblichen Bürozeiten (BVerfG NJW 2007, 1444, 2006, 3267 L= StraFo 2006, 368). Teilweise wird es sogar für zulässig erachtet, die Durchsuchung durch den Richter mündlich anzuordnen (zur Zulässigkeit der mündlichen Anordnung: BGH NStZ 1986, 84). Die mündliche Anordnung erscheint jedenfalls im Steuerstrafrecht zweifelhaft, da ein derartiger Eilbedarf im Steuerstrafrecht nicht besteht und das Festhalten, was aufgrund welcher Tatsachenlage geprüft, angeordnet und für verhältnismäßig angesehen wurde, muss schon für den Fall einer Beschwerde und der späteren gerichtlichen Überprüfbarkeit schriftlich vor dem Erlass des Durchsuchungsbeschlusses festgehalten werden.

Gefahr im Verzug bei längeren Vorermittlungen kaum vorstellbar

Wenn die Vorermittlungen gegen den Beschuldigten schon Tage oder Wochen laufen, ist die Annahme von Gefahr im Verzug kaum vorstellbar. Denn dann wäre wohl hinreichend Zeit gewesen, einen Durchsuchungsbeschluss beim Ermittlungsrichter zu beantragen. Gegen die Durchsuchung gibt es im Moment der Maßnahme keinen Rechtsschutz. Es gibt auch keinen Eilantrag gegen die Durchsuchung. Sie ist so gut wie nie zu stoppen oder zu verhindern – jedenfalls nicht mehr, wenn die Durchsuchungsmannschaft vor der Tür steht. Es gilt ggf. die sowieso zu findenden Unterlagen hilfsbereit zu zeigen und so die Dauer der Durchsuchung abzukürzen. Die mit dem Vollzug des Durchsuchungsbeschlusses beauftragten Beamten haben einen Durchsuchungsauftrag und ein Durchsuchungsziel – das führen sie aus. Es ist zwecklos und unsinnig, seine Unschuld in diesem Moment zu beteuern oder sich gegen die Maßnahme wehren zu wollen.

Verhaltensregel bei Durchsuchungen: kein Widerstand leisten – aktive Mithilfe oder Kooperation möglich, aber nicht erforderlich

Hier gilt es Ruhe zu bewahren, die Maßnahme keinesfalls zu behindern, andernfalls droht Haft. Grundsätzlich gilt: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Das gilt im Steuerstrafrecht jedenfalls mindestens bis zur vollständigen Akteneinsicht. Ggf. ist Hilfe und Mitwirkung zu leisten, indem die gesuchten Unterlagen gezeigt werden.  Dies kann positiv als kooperativ aufgenommen und die Fahndung als solche verkürzen helfen. Zu achten ist weiter darauf, dass der Beschuldigte keine Einlassung abgibt und sich nicht selbst belastet. Weiter ist der Durchsuchungsbeschluss dem Beschuldigten auszuhändigen. Eine hin und wieder angeordnete Telefonsperre ist unzulässig. Natürlich darf die Fahndung unterbinden, dass der Beschuldigte Mittäter oder Gehilfen warnt.

Anruf bei Anwalt bzw. Verteidiger muss immer gewährt werden

Ein Anruf beim Anwalt oder aber die Beantwortung der normalen eingehenden Geschäftsanrufe dürfen nicht –auch nicht zeitweise– behindert oder untersagt werden. Es wird aber zulässig sein, wenn die Fahndung sich nicht sicher ist, ob ein Mittäter oder Gehilfe gewarnt oder ein Verteidiger oder Steuerberater angerufen werden soll, dass die Fahndung die Telefonnummer des Anwalts bzw. StB wählt und sich von der Identität des Angerufenen überzeugt und dann der Beschuldigte das unbelauschte, unüberwachte Telefonat mit dem Rechtsanwalt bzw. StB führt. Wenn sich der Beschuldigte zu sehr über die Durchsuchung aufregt, kann es Sinn machen, dass er seine Räumlichkeiten verlässt und etwa Spazieren geht, was zulässig ist, sofern keine Verhaftung geplant ist. Der Beschuldigte darf anwesend sein, muss dies aber nicht. Die Durchsuchung ist eine von mehreren möglichen Zwangsmaßnahmen zum Zwecke der Ermittlung eines strafrechtlichen Sachverhalts. Die Durchsuchung kommt für den Betroffenen in der Regel überraschend.

Beschlagnahme aller relevanter Unterlagen führt häufig zu sehr aufgeräumten Büros

Mit der Durchsuchung wird regelmäßig auch die Beschlagnahme bestimmter für die weiteren Ermittlungen sachdienlicher Unterlagen angeordnet. Es kommt hier auf die sogenannte potentielle Beweisgeeignetheit der Unterlagen an.

Neben der Durchsuchung/Beschlagnahme kommen grundsätzlich die Überwachung der Telekommunikation nach §§ 100 a, 100 b, 100 g 100 i StPO in Betracht als staatliche Zwangsmaßnahme in Betracht, die aber zumeist vor der Durchsuchung stattfindet. Denn ab der Durchsuchung weis der Beschuldigte, dass gegen ihn ermittelt wird, so dass er danach am Telefon mit seinen Äußerungen vorsichtiger werden könnte…

Telefonüberwachung (TKÜ) vor und nach Durchsuchungen möglich

Zulässig ist aber die Telefonüberwachung bzw. Handyüberwachung oder Handyortung nicht nur vor, sondern auch nach der Durchsuchung.

Durchsuchungsbeschlüsse im Steuerstrafrecht

Die Durchsuchungsbeschlüsse sind jedenfalls im Steuerstrafrecht häufig rechtlich bedenklich bis fehlerhaft. Dies mag im Kernstrafrecht auch anders sein, gleichwohl erstaunt dies auch im sog. Nebenstrafrecht eigentlich, weil der Richter die Eingriffsvoraussetzungen eigenverantwortlich zu prüfen hat (BVerfGE 103, 142, 151= NJW 2001, 1121, 1122). Eventuelle/vermeintliche Fehler können jedoch nicht während der Durchsuchung beanstandet werden. Kein Fahnder wird die juristischen Kenntnisse noch den Mut haben, einen richterlich angeordneten Durchsuchungsbeschluss nicht zu vollziehen, bloß weil der Beschuldigte oder sein Verteidiger juristische Einwendungen gegen die Zulässigkeit oder Begründetheit der Maßnahme erheben. Da helfen auch keine Verfassungsgerichtszitate oder Belege aus der Kommentierung.

Die Durchsuchung wird als Maßnahme, hat sie einmal begonnen, in der Regel auch durchgeführt. Es sei denn, es wäre ein offensichtliche Personen- oder Adressenverwechslung. Dies könnte dann z.B. der Fall sein, wenn trotz Vorfeldermittlungen der Beschuldigte seit dem Erlass des Durchsuchungsbeschlusses umgezogen ist und bei Vollzug des Durchsuchungsbeschlusses der Nachmieter der Wohnung angetroffen wird.

Absehen vom Vollzug des Durchsuchungsbeschlusses nur in extremen Ausnahmefällen

Ein Durchsuchungsbeschluss wird dann ggf. auch nicht vollzogen, wenn erst sehr kurzfristig zuvor eine entscheidende Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Dies könnten der Fall sein, wenn wegen des im Durchsuchungsbeschluss beschriebenen Sachverhaltes erst unmittelbar zuvor eine Selbstanzeige eingereicht wurde. Wenn diese Selbstanzeige umfangreich und vollständog erscheint und damit der Durchsuchungszweck entfällt, kann die Durchsuchung nach Hinweis und Nachweis der eingereichten Selbstanzeige aufgehoben werden. Dies sind Fälle, in denen die Selbstanzeige quasi die Ermittlungen überholte und die Selbstanzeige noch keine Berücksichtigung bei der Ablaufplanung der Durchsuchung wegen des Zeitablaufs finden konnte.

Vollzugsfrist des Durchsuchungsbeschlusses: 6 Monate

Der Durchsuchungsbeschluss muss binnen 6 Monaten seit seinem Erlass vollzogen werden (BVerfGE 1996, 44 = NJW 1997, 2165; LG Berlin StV 1999, 520).

Beschlagnahmeverzeichnis, Durchsuchungsprotokoll

Am Ende der Durchsuchung ist auf die Anfertigung eines ordentlichen ausführlichen Beschlagnahmeverzeichnisses und der Überlassung einer Kopie an den Beschuldigten zu achten. Eine Paginierung der Stehordner oder der Unterlagen insgesamt findet durch die Fahndung in der Regel nicht statt. Dies führt häufig zu vermeidbaren Problemen bei der Frage, was im Detail in den beschlagnahmten Ordnern bzw. Unterlagen enthalten war. Wichtige Urkunden können ggf. separat beschlagnahmt werden. Sie erscheinen gesondert im Beschlagnahmeverzeichnis. Damit steht das Auffinden und die Beschlagnahme dieser Unterlagen fest.  Und sie haben eine eigene Aservatennummer, so dass sie später leichter zu finden sind. Und es gibt keinen Streit darüber, ob diese Unterlage mit gefunden und beschlagnahmt wurde, da sie explizit aufgeführt ist. Dies kann man ggf. mit den Fahndern besprechen.

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